Der Tag begann mit einem eher enttäuschenden Frühstück im Hotel. Steffi freute sich eigentlich auf einen Avocado-Toast mit Ei – bekommen hat sie eine Art Guacamole-Berg mit Ei obendrauf, serviert auf labbrigem Brot. Statt frischer Avocado also eher ein Dip-Gemisch mit gefühlt zwei Kilo Knoblauch. Ich hatte mich für die Açaí-Smoothie-Bowl entschieden – klang gesund, sah aber traurig aus: eine matschige Schüssel mit genau einer Erdbeere und vier Blaubeeren, achtlos auf Kokosraspeln geklatscht. Alles in allem: kein Frühstück, das man vermissen wird.
Danach hieß es: Sachen packen und auf unseren heutigen Roadtrip vorbereiten. Doch um 10:30 Uhr kam der Schreckmoment: Check-out war nicht wie gedacht um 11 Uhr, sondern bereits um 10! Also Gas geben – restliche Sachen in die Koffer stopfen, Ladekabel einsammeln, Getränke aus dem Kühlschrank holen, alles zur Lobby schleppen.
Unser Lyft-Fahrer war schon wenige Minuten später da und brachte uns zu Sixt. Dort bekamen wir unser neues Reisegefährt: einen schwarzen Hyundai Rogue SV. Solide ausgestattet, ordentlich Platz – genau das, was wir brauchten für den nächsten Abschnitt: rüber an die Westküste Floridas, zuerst nach Cape Coral, dann weiter Richtung Freizeitparks südlich von Orlando. Am Flughafen Orlando werden wir den Wagen am 03.06. wieder abgeben, wenn wir zurück nach JFK fliegen.
Doch bevor’s auf große Fahrt ging, machten wir noch einen Abstecher zu Publix – unser liebster Supermarkt bisher. Wir deckten uns mit allem ein, was man für eine längere Fahrt braucht: Wasser, gesunde Snacks, ein riesiges Sandwich für unterwegs. Dann: einsteigen, losfahren – und hinein ins Abenteuer Everglades.
Unser Weg führte uns über die US-41, eine endlos lange Straße mitten durch tropisches Sumpfland. Steffi entdeckte vom Beifahrersitz aus schon nach kurzer Zeit mehrere Alligatoren, die in den Kanälen neben der Straße lagen oder träge im Wasser dümpelten. Ich konnte beim Fahren nicht immer hinschauen – aber die Umgebung war spektakulär: unberührte Natur, sattgrünes Dickicht, glitzernde Wasserflächen. Keine Zivilisation weit und breit, nur der Horizont, etwas Verkehr und wir.
Nach gut 120 Kilometern kam ein kleiner Parkplatz namens H.P. Williams Roadside Park. Ein unscheinbarer Ort mit einem Picknicktisch, einem Baum, einem stillgelegten Plumpsklo – und einem kurzen Holzsteg direkt am Wasser.
Und dieser Steg hatte es in sich: Im Wasser tummelten sich mindestens 15 Alligatoren – von klein bis wirklich beachtlich groß. Dazu ein weißer Ibis, ein Reiher und sogar eine Schildkröte. Die Alligatoren wirkten träge, aber nicht leblos: Sie tauchten auf, holten Luft, schwammen langsam hin und her, schienen sich zu beobachten. Einer der größten verließ sogar das Wasser auf der gegenüberliegenden Seite und verschwand zwischen den Bäumen – ein Anblick, den man nicht so schnell vergisst.
Bevor wir weiterfuhren, nutzten wir die besondere Kulisse für eine kleine Überraschung: Am Steg drehten wir ein kurzes Geburtstagsvideo für NadScho. Im Hintergrund die Alligatoren, das dichte Grün der Everglades – und wir mitten drin, leicht verschwitzt, aber bestens gelaunt. Eine ganz eigene Postkarte aus Florida.
Der nächste Stopp war bei Wooten’s Everglades Airboat Tours, wo wir vor 13 Jahren schon mal mit Freunden waren. Damals hatten wir dort einen Alligator direkt am Steg gesehen – unvergesslich.
Heute machten wir dort wieder eine Pause und aßen unser Sandwich. Die Hitze war inzwischen drückend, das eiskalte Wasser aus dem kleinen Shop vor Ort kam da wie gerufen. Gerade wollten wir aufbrechen, da bewegte sich etwas im Wasser nebenan – und siehe da: Ein Alligator tauchte auf, schwamm langsam näher und beobachtete Steffi neugierig durch den Zaun. Das Wasser war so klar, dass man das ganze Tier sehen konnte – und ehrlich gesagt, ein bisschen unheimlich war es schon. Nach ein paar Minuten verschwand er wieder so ruhig, wie er gekommen war.
Weiter ging’s zum Big Cypress Bend Boardwalk – ein ziemlich neuer Holzsteg mit einem beeindruckenden Pavillon, bequemen Schaukelstühlen und einem tollen Ausblick auf den umliegenden Sumpf. Wir liefen etwa die Hälfte des Stegs entlang und fanden dabei im trockenen Teil der Prärie Pfotenabdrücke. Unser Verdacht: Puma. Die gibt es hier tatsächlich noch, auch wenn man sie nur selten zu Gesicht bekommt. Gesehen haben wir zwar keinen – aber zwei Falken, die sich über große Entfernung hinweg lautstark verständigten.
Doch dann war Schluss – die Sonne brannte gnadenlos vom Himmel, und wir sehnten uns nach Klimaanlage. Also zurück ins Auto und weiter Richtung Cape Coral.
Auf dem Weg machten wir noch einen kurzen Stopp bei Ross, einem dieser typischen US-Outletläden. Dort fand ich endlich das Parfüm, das Steffi in New Jersey gut gefallen hatte – morgen ist ihr Geburtstag, und ich wollte ihr eine kleine Freude machen. Perfektes Timing.
Der letzte Halt war bei Walmart: Einkäufe fürs Abendessen und für Steffis Geburtstagsfrühstück besorgen. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, ihr morgen Pancakes zu machen – also landeten unter anderem auch Eier, Pancackemischung und frisches Obst im Wagen.
Dann endlich: Ankunft am Ferienhaus in Cape Coral. Über 200 Quadratmeter, direkt am Wasser gelegen – genau an der Ecke NE 17th Place und NE 2nd Terrace. Ein typisch amerikanischer Bungalow mit großzügigem Wohnbereich, offener Küche, mehreren Schlafzimmern und einem eigenen Pool draußen, eingefasst von einer großen Terrasse mit Blick auf den Kanal.
Ein großteil der Terrasse ist von einem sogenannten Pool Cage umgeben – einem feinmaschigen Gitterrahmen, der wie ein riesiges Insektennetz wirkt. In Florida ist das Standard: Er schützt vor Mücken, Eidechsen und herunterfallenden Blättern, ohne dass man sich eingesperrt fühlt.
So kann man ungestört draußen sitzen, schwimmen oder einfach den Blick über das ruhige Wasser schweifen lassen – selbst abends, wenn die Moskitos normalerweise Party feiern. Alles war perfekt vorbereitet, sauber, ruhig und ganz für uns allein. Schon beim Betreten merkten wir: Hier können wir wirklich zur Ruhe kommen.
Zum Abendessen gab’s etwas Improvisiertes aus der Mikrowelle und dem Topf – bei Steffi asiatische Fertignudeln mit Tiefkühlgemüse, bei mir Mac & Cheese, ebenfalls mit Gemüse. Einfach, aber lecker – und nach einem Tag voller Eindrücke genau das Richtige.
Den Rest des Abends verbrachten wir tiefenentspannt auf dem Sofa, beide mit dem Handy in der Hand, Füße hoch, nichts mehr denken müssen.
Für morgen ist bewusst nichts geplant. Es ist Steffis Geburtstag – sie bekommt Frühstück, und dann genießen wir einfach den Tag, den Pool, das Nichtstun. Alles andere sehen wir dann spontan.
Gute Nacht Cape Coral
Bis morgen